Stützt der Strafrichter seine Überzeugung vom Vorliegen eines qualifizierten Rotlichtverstoßes (länger als 1 Sekunde Rot) auf die Entfernungsschätzungen eines Zeugen (hier: Polizeibeamter), sind angesichts der weitreichenden Folgen einer Verurteilung (300 Euro Geldbuße und ein Monat Fahrverbot) an die Begründung des Urteils besonders hohe Anforderungen zu stellen. Entfernungsangaben, die nicht auf Messungen, sondern ausschließlich auf visuellen Beobachtungen (Schätzungen) eines Zeugen beruhen, sind in der Regel mit einem erheblichen Fehlerrisiko behaftet. Infolgedessen bedarf es in einem solchen Fall einer wertenden Auseinandersetzung mit den Grundlagen dieser Schätzung. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Zeuge – wie hier – recht ungenaue Angaben zur Entfernung des beschuldigten Autofahrers von der Ampel im Zeitpunkt des „Umspringens“ von Gelb- auf Rotlicht macht.
Beschluss des OLG Köln vom 20.03.2012
Aktenzeichen: III-1 RBs 65/12
DAR 2012, 271