Zwei im Rahmen der Verkehrsüberwachung tätige Gemeindebedienstete beobachteten einen Pkw-Fahrer, der ihrer Schätzung nach mit einer Geschwindigkeit von 70 km/h durch die Fußgängerzone raste, in der die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf 10 km/h begrenzt war. Der Strafrichter zog von der geschätzten Geschwindigkeit eine Toleranz von 20 km/h ab und verurteilte den Autofahrer zu einer Geldbuße von 100 Euro. Außerdem verhängte er ein Fahrverbot von zwei Monaten. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hatte hinsichtlich der Richtigkeit der Geschwindigkeitsmessung Bedenken und hob das Urteil auf.
Zwar kann eine Geschwindigkeitsüberschreitung auch durch eine Schätzung ermittelt werden. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, ob die betreffende Person über die notwendige Erfahrung bei derartigen Feststellungen verfügt. Anders als bei in der Verkehrsüberwachung tätigen Polizisten fehlen insoweit ungeschulten Personen entsprechende Erfahrungswerte. Dies gilt in der Regel auch für Gemeindebedienstete, die bei der Überwachung des ruhenden Verkehrs eingesetzt werden. Der Strafrichter hätte daher noch genauere Feststellungen dazu machen müssen, ob die beiden Zeugen hinsichtlich der Beobachtung des fließenden Verkehrs besonders geschult waren bzw. welche Erfahrung sie insoweit besaßen. Ferner wies das Urteil Lücken hinsichtlich der Fahrstrecke, der Dauer der Beobachtung und dem Standort der Zeugen auf. Diese Feststellungen muss nun ein anderer Strafrichter nachholen.
Beschluss des OLG Karlsruhe vom 19.06.2008
Aktenzeichen: 1 Ss 25/08
DAR 2008, 709