Ein Ehepaar übertrug seiner älteren Tochter eine Haushälfte des ihnen gehörenden Doppelhauses und legte in einem gemeinschaftlichen Testament fest, dass die andere, noch von ihnen bewohnte Haushälfte nach dem Tod des Letztversterbenden der jüngeren Tochter zustehen sollte. Nachdem der Ehemann verstorben war, übertrug die Ehefrau nach einem Zerwürfnis mit ihrer jüngeren Tochter die von ihr weiterhin bewohnte Haushälfte im Wege der Schenkung ihrem Enkel, dem Sohn ihrer älteren Tochter.
Nach dem Tod der Mutter verlangte die jüngere Tochter von ihrem Neffen die Herausgabe der ursprünglich ihr als Vermächtnis zugedachten Haushälfte. Dieser Anspruch scheiterte vor dem Oberlandesgericht Hamm allerdings bereits daran, dass sie zunächst die nach dem Gesetz vorrangig haftende Schwester als Erbin der verstorbenen Mutter auf Wertersatz in Anspruch hätte nehmen müssen, bevor sie Herausgabeansprüche gegenüber dem Beschenkten geltend machen kann.
Im Übrigen wäre der Beschenkte nur dann zur Herausgabe verpflichtet, wenn der letztverstorbene Ehegatte zu seinen Lebzeiten und nach dem Tod des anderen Ehegatten zur Schenkung und damit zur Verhinderung des Vermächtnisses nicht berechtigt gewesen wäre. Dies wäre nur der Fall, wenn es sich bei dem Vermächtnis zugunsten der jüngeren Tochter um eine sogenannte wechselbezügliche Verfügung der Eheleute gehandelt hätte. Das wäre lediglich dann anzunehmen, wenn die testamentarische Vermächtnisanordnung in einem Wechselbezug zur Einsetzung der Frau als Alleinerbin des Ehemannes gestanden hätte.
Urteil des OLG Hamm vom 09.01.2014
Aktenzeichen: 10 U 10/13
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