Viele deutsche Gerichte verfügen mittlerweile über eigene Internetseiten, auf denen sie neben Informationen für Rechtssuchende und Pressemitteilungen auch komplette Urteile veröffentlichen. Dabei sind die Namen der Prozessbeteiligten selbstverständlich unkenntlich gemacht. Bei besonders Aufsehen erregenden Prozessen können jedoch trotz dieser Anonymisierung die Prozessbeteiligten ohne Schwierigkeiten erkennbar sein.
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hält die Veröffentlichung derartiger Gerichtsentscheidungen, bei denen eine Prozesspartei ohne großen Aufwand bestimmbar und die Entscheidung damit nicht im datenschutzrechtlichen Sinne anonymisiert ist, bei einem überwiegenden Informationsinteresse der Öffentlichkeit für gerechtfertigt. Etwas anderes gilt nur dann, wenn das Schutzinteresse eines Betroffenen am Ausschluss der Veröffentlichung überwiegt, insbesondere wenn sich aus der Veröffentlichung besonders sensible Daten (hier: ärztliche Untersuchungsbefunde) entnehmen lassen.
Beschluss des VGH Baden-Württemberg vom 23.07.2010
Aktenzeichen: 1 S 501/10
JurPC Web-Dok. 194/2010
K&R 2010, 683