Der selbstständige Betrieb eines zulassungspflichtigen Handwerks als stehendes Gewerbe ist nach § 1 HwO (Handwerksordnung) nur gestattet, wenn der Betriebsleiter die Meisterprüfung bestanden hat und wenn dieser in die Handwerksrolle eingetragen ist. Grundvoraussetzung ist die Präsenz des Betriebsleiters (sog. Meisterpräsenz). Das Erfordernis der Meisterpräsenz besteht nicht bei einem Nebenbetrieb im Sinne von § 3 Abs. 1 HwO.
Erbringt ein Orthopädietechnikermeister sowohl in seinem Sanitätshaus als auch innerhalb einer von Fachärzten für Orthopädie betriebenen Arztpraxis Leistungen des Orthopädietechnikerhandwerks, stellt die Raumnutzung in der Arztpraxis keinen Nebenbetrieb im Sinne der Handwerksordnung dar, die bei einem nur unerheblichen Umfang der handwerksmäßigen Tätigkeit vom Gebot der Meisterpräsenz befreit wäre. Die Raumnutzung in der Arztpraxis ist vielmehr als Zweig- oder Außenstelle des Hauptbetriebs anzusehen, die dem Gebot der Meisterpräsenz unterliegt, wenn dort wesentliche Tätigkeiten des Orthopädietechnikerhandwerks erbracht werden. Die Nichtbeachtung des Gebots der Meisterpräsenz kann als wettbewerbswidriges Verhalten strafbewehrt abgemahnt werden.
Urteil des BGH vom 16.06.2016
Aktenzeichen: I ZR 46/15
WRP 2017, 64