Reichen das eigene Einkommen (meist Rente) einer pflegebedürftigen Person und die Leistungen aus der Pflegekasse für die Kosten eines Alten- oder Pflegeheims nicht aus, trägt die Sozialhilfe die nicht gedeckten Kosten. Die Sozialhilfeverwaltung prüft jedoch dann, ob dem Hilfebedürftigen gegenüber seinen Kindern oder seinem Ehegatten Unterhaltsansprüche zustehen. Sofern solche Ansprüche bestehen, leitet die Sozialhilfe den Unterhaltsanspruch (teilweise) auf sich über.
Nach § 1611 BGB kann im Falle schwerer Verfehlungen gegenüber dem Unterhaltsschuldner ein Anspruch auf Unterhalt entfallen. Eine derartige Verfehlung wird von den Gerichten insbesondere dann angenommen, wenn der Elternteil gegenüber seinem minderjährigen Kind seinen Unterhalts- und sonstigen Elternpflichten nicht oder nur unzureichend nachgekommen ist. Anders verhielt es sich in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen und in den Medien heftig diskutierten Fall, in dem ein Vater nach der Scheidung über 27 Jahre hinweg jegliche Kontaktversuche seines erwachsenen Sohnes abgelehnt und selbst bei der Beerdigung des Großvaters mit ihm kein Wort gewechselt hatte. ln seinem Testament hatte der Vater überdies verfügt, dass der Sohn nur den „strengsten Pflichtteil“ erhalten soll.
Hier war der Vater bis zum 18. Lebensjahr seinen Unterhalts- und Elternpflichten nachgekommen. Insofern hatte er gerade in der Lebensphase, in der regelmäßig eine besonders intensive elterliche Fürsorge erforderlich ist, seinen Elternpflichten im Wesentlichen genügt. Die Errichtung des Testaments selbst stellte keine Verfehlung dar, weil der Vater insoweit lediglich von seinem Recht auf Testierfreiheit Gebrauch gemacht hatte. Allein ein vom Unterhaltsberechtigten ausgehender einseitiger Kontaktabbruch gegenüber seinem volljährigen Sohn reicht somit regelmäßig nicht für eine Verwirkung seines Anspruchs auf Elternunterhalt aus. Es müssen vielmehr noch weiterer Umstände vorliegen, die das Verhalten des Unterhaltsberechtigten auch als schwere Verfehlung erscheinen lassen. Im Ergebnis konnte der Sohn somit zur teilweisen Übernahme der Heimkosten herangezogen werden.
Urteil des BGH vom 12.02.2014
Aktenzeichen: XII ZB 607/12
FamRZ 2014, 541
MDR 2014, 405