Ein Freiberufler mietete ein Haus, in dessen Erdgeschoss er seine Hypnosepraxis betrieb. Die restliche Fläche nutzte er als Privatwohnung. Als der Vermieter das Mietverhältnis beenden wollte, stellte sich die Frage, welche Kündigungsregeln anzuwenden sind. Sofern es sich um Wohnraum handelt, ist eine Kündigung nur unter besonderen, strengen Voraussetzungen (z.B. vertragswidriges Verhalten, Eigenbedarf) möglich. Ein Gewerbemietverhältnis kann demgegenüber auch ohne Grund gekündigt werden. Ebenso sind die zugrunde zu legenden Kündigungsfristen unterschiedlich.
In derartigen Fällen ist von einem Mischmietverhältnis, also einem einheitlichen Mietverhältnis über Wohn- und Geschäftsräume, auszugehen, dessen Beurteilung sich wegen der von den Parteien gewollten Einheitlichkeit entweder nach den Bestimmungen der Wohnraummiete oder nach den Vorschriften der Geschäftsraummiete richtet. Dabei stellt das Bestreiten des Lebensunterhalts durch eine freiberufliche oder gewerbliche Nutzung kein sachgerechtes Kriterium für die Bestimmung des überwiegenden Nutzungszwecks dar. Die Schaffung einer Erwerbsgrundlage hat keinen Vorrang vor der Wohnnutzung. Lässt sich ein Überwiegen der gewerblichen Nutzung auch nicht durch eine erheblich größere Nutzfläche oder einen deutlich höheren Anteil am Gesamtmietzins feststellen, sind vorrangig die für die Wohnraummiete geltenden Vorschriften anzuwenden. Andernfalls würden die zum Schutz des Wohnraummieters bestehenden zwingenden Sonderregelungen unterlaufen. Hierfür sprach im vorliegenden Fall auch, dass die vereinbarte unbefristete Laufzeit des Mietvertrages für Gewerberäume untypisch ist. Im Ergebnis erwies sich die ohne hinreichenden Grund ausgesprochene Kündigung als unwirksam.
Urteil des BGH vom 09.07.2014
Aktenzeichen: VIII ZR 376/13
MDR 2014, 1017
WuM 2014, 539