Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein auf elektronischem Weg außerhalb der Geschäftsstunden übersandtes Schreiben grundsätzlich nicht vor Beginn der Geschäftsstunden am nächsten Arbeitstag als zugegangen anzusehen, da außerhalb der Geschäftszeiten nicht davon ausgegangen werden kann, dass Mitarbeiter des Adressaten mit Zuständigkeit für die Kenntnisnahme von Geschäftspost anwesend sind.
Das Amtsgericht Meldorf schränkt den maßgeblichen Zeitpunkt, zu dem mit einer Kenntnisnahme üblicherweise gerechnet werden kann, jedenfalls für kleinere Unternehmen weiter ein. Hier ist die Kenntnisnahme einer außerhalb der Geschäftszeiten eingegangenen Nachricht auch nicht sofort mit Beginn der Geschäftszeiten zu erwarten. Es würde die Berufsfreiheit unzumutbar einschränken, wenn ein Unternehmer seinen Arbeitstag immer mit der Durchsicht eingegangener Nachrichten beginnen müsste, bevor er andere anstehende Geschäfte erledigen könnte, bei denen es sich beispielsweise auch um Eilsachen oder am Vortag nicht fertig gestellte Arbeiten handeln kann.
Wann konkret in derartigen Fällen spätestens von einem üblichen Zugang auszugehen ist, hat das Gericht im entschiedenen Fall jedoch offen gelassen. Jedenfalls konnte ein Zugang vor Beginn der Geschäftszeit um 9 Uhr – und allein darauf kam es hier an – verneint werden. Daran änderte auch nichts, dass sich der Geschäftsinhaber ausnahmsweise bereits eine Stunde vor der Geschäftsöffnung in den Büroräumen befand.
Urteil des AG Meldorf vom 29.03.2011
Aktenzeichen: 81 C 1601/10
JurPC Web-Dok. 73/2011